Irgendwie
ein ziemlich komisches Gefühl. Auf der einen Seite ist es noch eine
lange Zeit hier, aber die erste Hälfte ging im Nachhinein betrachtet
doch echt schnell vorbei, auch wenn es sich nicht immer so angefühlt
hat.
Auf der
anderen Seite ist es aber auch erschreckend wenig Zeit noch. Es gibt
noch so viel was ich vorhabe und irgendwie ist schon ganz schön viel
Zeit verplant, so ein Jahr geht doch schnell vorbei.
Ich
merke jetzt auch, dass ich die Zeit hier echt genießen muss, da es
nicht mehr viel ist.
Dennoch
freue ich mich auch riesig, wenn die zweite Hälfte vorbei ist. Ich
fühle mich hier zwar super wohl, aber zu Hause ist es doch am
schönsten und ich freue mich schon auf all die Dinge, wenn ich
wieder zu Hause bin. Grillen, Zug fahren, Sommer, Zeltlager, zu Hause
sein, feiern, Schnitzel, Brötchen, einfach mal wieder Kind sein,
....!
Es ist
nicht so, dass ich denke so ein Auslandsaufenthalt würde ich nicht
noch einmal machen und ich zähle die Tage, bis ich endlich wieder
daheim bin. Aber ich habe schon gemerkt, welche Dinge/Personen zu
Hause mir sehr wichtig sind, was ich vorher nicht so
gewusst/geschätzt habe.
Ich
weiss, nach so langer Zeit möchte ich gerne wieder nach Hause
kommen, aber wie ich mich kenne, schätze ich auch, wenn ich einige
Zeit zu Hause gewesen bin, alles, was ich vermisst habe, wieder
einmal gemacht habe, bin ich auch wieder bereit, für was Neues.
Auswandern
wäre nichts für mich, aber ab und zu mal längere Zeit woanders
leben/arbeiten kann ich mir durchaus vorstellen.
Allerdings
ist es echt gut und hilft gegen Heimweh, wenn man genau weiss, man
kommt wieder zurück und sieht alle wieder. Man hat in dem Moment
etwas, an das man sich hochziehen kann. Ich sage mir dann immer, am
20.Juli ist es soweit, da hast du das, was du dir momentan am meisten
wünschst. Also bis dahin durchhalten. Dann zähle ich auch manchmal
die Wochen und in dem Moment fällt mir auch wieder auf, oh Gott, es
sind schon wieder weniger geworden und mich überkommt ein kleiner
Anfall von Panik, dass die Zeit nur noch so kurz ist. Und schwupp
wandelt sich das Heimweh in Panik und Zeitnot :D
Natürlich
hilft mir bei Heimweh auch einfach die Familie. Die, die mich sehr
gut kennen, wissen, dass ich nicht so gerne meine Gefühle zeige und
auch nicht unbedingt vor "Fremden" in Tränen ausbrechen
würde. Von daher ziehe ich mich dann zwar ab und zu in mein Zimmer
zurück, aber wenn wir dann zur Oma, Tante oder irgendwohin fahren,
reiss ich mich zusammen und danach ist es auch wieder verschwunden.
Auch das Abendessen kann manchmal schon helfen, dann atme ich tief
ein und setz mich an den Tisch und niemand merkt, was in mir vorgeht.
Dann sehe ich die Familie und merke, dass ich ein Teil davon bin und
schwupp sind alle negativen Gedanken auch wieder verschwunden.
Es ist
psycholgisch vielleicht nicht das Beste, die Gefühle so
runterzuschlucken, aber so bin ich und bis jetzt bin ich damit ganz
gut durchs Leben gekommen. Ausserdem zeige ich ja auch wenn ich
Heimweh habe, aber eben nur bestimmten Personen.
Ich
denke jeder muss da sein eigenes Rezept finden und das ist meins. Ich
merke daran aber auch, dass es für mich wichtig ist, dass ich mich
geborgen fühle und irgendwie eine Familie/Menschen brauche. Das ist
mir hier sehr bewusst geworden, die Familie ist doch das Wichtigste.
Die Isländer leben es einem sowieso vor, die Familie nimmt dich so
wie du bist, auch meine AuPair-Familie, wenn ich einen schlechten Tag
habe, ist es so und sie verstehen dann auch, dass ich vielleicht
keine Lust auf wischen habe, solange ich es dann am nächsten Tag
mache, ist es vollkommen in Ordnung.
Nun
freue ich mich auf die zweite Hälfte und alle Dinge, die noch
kommen, vor allem auf meine Besucher und das, was ich noch so über
mich selbst und für mein Leben lernen werde.
"Der Gewinn eines langen Aufenthaltes außerhalb unseres Landes liegt vielleicht weniger in dem, was wir über fremde Länder erfahren, sondern in dem, was wir dabei über uns selbst lernen."
Roger Peyrefitte (*1907), frz. Schriftsteller u. Politiker
Hallo Sarah,
AntwortenLöschenich/wir wünschen dir noch eine wunderschöne zweite Hälfte deines Aufenthaltes in Island! Ich lese hier immer wieder gerne, was du dort so erlebst und bin gespannt, was du in den nächsten Monaten noch zu berichten hast.
Lieben Gruß
Kerstin