Montag, 13. Januar 2014

Fahnen auf Halbmast


Gestern ist auf der Strecke von Reykjavík hierher ein schwerer Autounfall gewesen und dabei ist eine 16 Jährige hier aus dem Ort gestorben.
Es ist ein Auto mit einem LKW auf glatter Fahrbahn kollidiert und das Mädchen ist direkt gestorben. Ein 18 Jähriger liegt jetzt noch in Reykjavík im Krankenhaus, bei ihm ist die Lage noch kritisch.
Seit der Nachricht ist es bei uns zu Hause etwas chaotisch, weil Sigga nur unterwegs und ziemlich angespannt ist.
Aber nicht nur bei uns, sondern auch überall wo man hier ist, merkt man es. Viele Häuser haben hier einen Fahnenmast im Garten, nicht unbedingt für Fußballflaggen, sondern eher für "ihre" Islandflagge. Bis gestern waren die meisten Fahnenmästen noch mit Lichterketten erleuchtet und heute hing an Vielen die Islandflagge auf Halbmast. Es war schon komisch, überall die Flaggen zu sehen und in der Schule waren dann Kerzen aufgebaut mit Bildern und einem Kondolenzbuch. Irgendwie habe ich mich ziemlich merkwürdig gefühlt, da ich da vorbei gelaufen bin und dann möchte man sich das ja schon anschauen, aber irgendwo kenne ich sie ja überhaupt nicht. Später hat Sigga mir dann noch einige Sachen gezeigt über sie, die sie mitgenommen hat, um Vorbereitungen zu treffen.

Früher habe ich immer gedacht, in solchen Situationen wenn Kinder sterben, Kinder getauft werden oder Paare heiraten, können sich katholische Pfarrer nicht so stark hineinversetzen. Schließlich wissen sie nicht, wie man sich als Eltern fühlt, oder wie aufregend es ist den Partner fürs Leben gefunden zu haben. Aber so wie ich Sigga momentan sehe, ist es vielleicht sogar besser. Ihre Nerven sind nämlich ganz schön überstrapaziert und so wie sie gestern mit den Kindern gespielt hat, habe ich sie noch nie gesehen. Ich glaube, da sie Mutter ist nimmt sie das echt mit.
Gestern waren wir auf Flatatunga und Sigga hatte geplant, nach dem Gottesdienst am Nachmittag nachzukommen. Als sie um sechs immer noch nicht da war, hat Tóti bei ihr angerufen und sie hat ihm das dann erzählt. Er hat es mir dann auch gesagt und wir haben dann noch bei Iris zu Abend gegessen, da wir auch nicht wirklich was zu Essen zu Hause hatten. Gegen acht sind wir dann zu Hause gewesen, weil er noch zu den Pferden musste. Ich bin dann mit den Kids reingekommen und sie war auch schon da. Irgendwie wusste ich auch nicht ob ich was sagen sollte oder nicht, ich habe dann erst einmal Tee gekocht, weil mir ganz schön kalt war und wie sie auf dem Sofa lag, konnte sie auch einen gebrauchen. Als der Tee fertig war, bin ich ins Wohnzimmer gegangen und sie hat so richtig mit den Kindern gespielt, sonst spielt sie auch wohl mit ihnen, aber nicht so intensiv. Man hat schon gemerkt, dass sie ihre Kinder in der Situation ganz nah bei sich haben wollte.
Heute morgen durfte man sie dann gar nicht ansprechen. Sie musste nämlich zur Schule und der Klasse es berichten. Ich konnte ihre Anspannung verstehen, ich möchte nicht wissen, wie es ist, so etwas 30 16jährigen Teenagern zu erklären. Zum Mittag kam sie dann nach Hause und sie sah ganz schön mitgenommen aus, gegessen hat sie auch nichts. Ich glaube sie ist froh, wenn die Kids gleich endlich im Bett sind und sie ein bisschen Ruhe hat.

Beim isländisch Kurs haben wir auch eher die Zeit abgesessen. Wir waren nur zu fünft, haben dann eine Aufgabe bekommen mit so viel Zeit, dass ich die sogar fertig machen konnte, obwohl ich jedes vierte Wort nachschlagen musste. Zwanzig Minuten eher haben wir dann auch aufgehört und die Lehrerin ist noch einmal zu mir gekommen. Sie sagte mir dann auch, dass es nicht normal wäre, ich mich also nicht wundern solle, aber sie weiss, dass eh kaum jemand aufpasst heute und sie sich auch nicht konzentrieren kann. Es war nämlich eine gute Freundin seit dem Kindergarten von ihrem Sohn.
Schon krass, wenn hier so etwas schrekliches passiert, ist irgendwie jeder Betroffen, weil jeder irgendwie was mit jedem zu tun hat.

Mal abwarten, wann wieder Normalität einkehrt.

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